Wie hat der Verein im Laufe der Jahre gearbeitet? Welche Themen waren besonders interessant und ansprechend?
TYSKFORUM – Der Norwegische Deutschlehrerverband wurde am 26. Oktober 2000 gegründet. Er entstand im Jahr 1989, als das TYSKFORUM auf Initiative der deutschen Sektion des ehemaligen Norwegischen Bildungsverbandes (NUFO) in Akershus gegründet wurde. Der Verein war Sprachrohr, Anlaufstelle, Ideengeber und Beratungsstelle für alle Fragen zum Fach Deutsch im norwegischen Bildungssystem. In letzter Zeit hat der Verband eine umfassende Erneuerung durchgemacht: Sowohl die Mitglieder als auch der Vorstand und die Vorstandsarbeit sind “jünger” geworden und beschäftigen sich zunehmend mit aktuellen fachlichen und fachpolitischen Fragen. Unter anderem ist Digitalisierung ein wichtiges Thema, sowohl administrativ als auch in Bezug darauf, wie sie den Unterricht unserer Mitglieder verändert. Darüber hinaus engagieren wir uns stark für eine engere Zusammenarbeit mit anderen Akteuren in Norwegen, wie dem Spanisch- und Französischlehrerverband. Gleichzeitig haben wir gute Kontakte zu Sprachlehrerverbänden in den nordischen Ländern und international aufgebaut. Unser Slogan ist “über den Tellerrand schauen” geworden, da wir als Deutschlehrerverband und Fremdsprachenlehrende in Norwegen viel davon lernen können, wie Lehr- und Fachfragen anderswo in der nordischen Region und in der Welt angesprochen und bearbeitet werden.
Wie funktioniert der Verein? Wie erreichen Sie ihre Mitglieder?
Der Vorstand trifft sich mindestens einmal im Monat in Form von Skype-Konferenzen, da die Vorstandsmitglieder im ganzen Land verteilt sind. Für uns als nationale Interessenorganisation ist es wichtig, dass die norwegischen Regionen vertreten sind. Die Vorstandsmitglieder haben jeweils ein eigenes Portfolio neben ihren Kernämtern, unter anderem haben wir einen IT-Manager und einen neu ernannten Erasmus+-Experten. Unsere wichtigste und größte Mitgliederveranstaltung sind die jährlichen Norwegischen Deutschlehrertage. Wir versuchen, die Konferenz neben Oslo jedes zweite Jahr an verschiedenen Orten im Land durchzuführen. Darüber hinaus bieten wir kleinere Seminare und Tagungen für Deutschlehrer an, zum Beispiel in Zusammenarbeit mit dem DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst). Ein weiteres wichtiges Angebot für unsere Mitglieder ist eine jährliche Studienreise, mit der wir ein aktuelles Deutschlandbild und konkrete Unterrichtstipps vermitteln wollen. Das Thema des Frühjahrs 2018 wird „Unternehmertum“ sein, wir werden unter anderem verschiedene “Start-ups” in Berlin besuchen. Der Verein vergibt auch Stipendien an Mitglieder, die an Weiterbildungen teilnehmen und darüber in unserer zweimal pro Jahr erscheinenden Vereinszeitschrift „aktuelles“ berichten möchten. Wir haben auch eine gute fachliche Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Norwegen. Darüber hinaus bieten wir in Zusammenarbeit mit deutschen Partnern ermäßigte Fortbildungsseminare in Deutschland an. Neben den „Bunten Bussen“, unserem eigenen Stipendienprogramm für Klassenfahrten nach Deutschland, arbeiten wir im Moment mit dänischen und estnischen Partnern an einem größeren Nordplus-Projekt. Ein landesweites Seminar über „Vertieftes Lernen“ wird im Frühjahr 2018 mit Experten aus dem Europäischen Zentrum für Moderne Sprachen (ECML) stattfinden. Wir erreichen unsere Mitglieder durch unsere Homepage www.tyskforum.no, einen monatlichen Newsletter, die Facebook-Seite des Vereins, und nicht zuletzt eine Facebook-Gruppe mit über 600 Mitgliedern, die Unterrichtsideen auszutauschen und über fachliche, didaktische und methodische Fragen diskutieren.
Haben Sie als Sprachlehrerverband Einfluss auf die nationale Sprachenpolitik? Werden Sie gehört?
Es scheint uns, als ob die Tradition, über die Gestaltung der nationalen Sprachenpolitik mit den nationalen Sprachlehrerverbänden zu beraten, in Vergessenheit geraten ist. Das ist doch etwas seltsam, vor allem, wenn man die eigenen Traditionen und die Erfahrungen der Zusammenarbeit zwischen Behörden und Sprachlehrerverbänden in anderen nordischen Ländern berücksichtigt. Während das TYSKFORUM in den 1990er Jahren eine Beratungsinstanz für die Ministerien und aktiv an der Curriculumplanung beteiligt war, haben wir in den letzten Jahren Herausforderungen dabei erlebt, in Sachen Gehör zu finden, die unsere Mitglieder und das Fach Deutsch in norwegischen Schulen direkt betreffen. Sowohl das TYSKFORUM als auch FST-Norwegen haben mehrfach Stellungnahmen an die staatlichen und regionalen Bildungsbehörden gesendet, die unbeantwortet geblieben sind. In diesem Jahr hat der Verein Stellungnahmen zur Größe der Fremdsprachenklassen sowie zu den schriftlichen Prüfungen in Deutsch auf Stufe II und Stufe III an das Amt für Ausbildung geschickt. Hier haben wir einen Dialog etabliert, und wir setzen darauf, dass der Kontakt mit dem Amt für Ausbildung ausgebaut werden kann. Zugleich setzen wir fort, uns für unsere Positionen und den Mehrwert eines konstruktiven Dialogs mit öffentlichen Akteuren und Entscheidungsträgern stark zu machen. Wir hoffen weiterhin, dass die Akteure die Möglichkeit verstehen und schätzen werden, mit einer unabhängigen Organisation zusammenzuarbeiten, die mehr als 300 der erfahrensten, sachkundigsten und engagiertesten Deutschlehrer im Land vereint.
Welche Wünsche haben Sie für die Sprachfächer in der Schule der Zukunft?
Wir wünschen uns nicht weniger als einen umfassenden Bewusstseinswandel in Bezug auf die Rolle der Fremdsprachen in der Schule und in der Gesellschaft der Zukunft. Wir denken, dass vor allem auch die Umstellung von der Ressourcen- zur Wissensökonomie ist, die einen umfassenderen Ansatz für Sprachfächer in norwegischen Schulen erfordert. Erstens müssen die Sprachfächer, einschließlich Norwegisch und Englisch, in einem viel engeren Zusammenhang gesehen werden. Zweitens muss der Status der Fremdsprachen im Verhältnis zu den Natur- und Gesellschaftsfächern gestärkt werden, beispielsweise durch stärkere Integration und interdisziplinäre Zusammenarbeit. Um über längere Zeiträume interdisziplinär arbeiten zu können, muss dafür ein Rahmen geschaffen werden, beispielsweise durch flexiblere Lösungen in der Stunden- und Gruppenplanung. Es muss ein Ende der “off-peak” Platzierung von Sprachunterricht im Stundenplan geben. Darüber hinaus wünschen wir uns, dass die Qualität des Fremdsprachenunterrichts dadurch gestärkt wird, dass die Schulleitungen und Schulämter geeignete organisatorische und finanzielle Maßnahmen ergreifen, um lebenslanges Lernen in Form von regelmäßigen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für Sprachlehrer zu ermöglichen.
Gleichzeitig wollen wir, dass Schulleitungen und Schulämter Fremdsprachenlernen und Internationalisierung als zwei Seiten einer zentralen Strategie denken und umsetzen. Die Tatsache, dass fast 60% der heutigen Austauschprogramme zwischen norwegischen und ausländischen Schulen auf englischsprachige Länder ausgerichtet sind, zeigt deutlich, dass mehr Fremdsprachenprogramme unterstützt werden müssen. Im Hinblick auf Klassenreisen wollen wir auch, dass das sogenannte Gratisprinzip überprüft und in eine ermöglichende Regelung umgewandelt wird. Die existierenden und erfolgreichen Angebote (einschließlich Erasmus +) sollten noch offensiver gefördert werden. Darüber hinaus scheint der Zeitpunkt gekommen, die Deutschlandstrategie der norwegischen Regierung, in der Deutschlehrende bislang nicht als relevanter Akteur vorkommen, durch ebenso konkrete wie flexible und niedrigschwellige Angebote für Deutschlehrende und -lernende zu ergänzen. Natürlich würden wir auch eine nationale Fremdsprachenstrategie begrüßen, die auf Norwegens Wettbewerbsfähigkeit als Wissensnation basiert und einen ganzheitlichen und durchgängigen Fokus auf Fremdsprachen und Mehrsprachigkeit in Bildung und Gesellschaft legt.
Welchen Hintergrund haben Sie und warum sind Sie Mitglied im Vorstand des Sprachlehrerverbandes?
Ich habe einen Master in Deutsch als Fremdsprache und Erwachsenenbildung von der Universität Leipzig, war wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitäten Leipzig und Bielefeld, war DAAD-Sprachassistent an der Universität Göteborg und DAAD-Dozent an der Universität Bergen. Heute arbeite ich als Fachkoordinator und Lehrer für Deutsch am Sprachenzentrum des norwegischen Außenministeriums. Ich habe mich seit vielen Jahren für das Fach Deutsch engagiert und fand es eine Selbstverständlichkeit, mich zur Wahl als Vorstandsmitglied des Deutschlehrerverbandes zu stellen. Dies, um aktiv zur Arbeit des Vereins beizutragen zu können. Die deutsche Sprache und ihre Vermittlung war schon immer mein Herzenskind, während der Deutschunterricht als zentrale Voraussetzung für die deutsch-norwegischen Beziehungen zu einer Herzenssache geworden ist. Darüber hinaus erlebe ich ehrenamtliche Arbeit, vor allem mit meinen sehr feinen und kompetenten VorstandskollegInnen, als unglaublich bereichernd.
Welche Vorteile einer Mitgliedschaft in einem Sprachlehrerverband möchten Sie unterstreichen?
Als Mitglied eines Sprachlehrerverbandes sind Sie direkter an bildungspolitischen Entwicklungen wie Curriculumreformen, Änderung von Prüfungsordnungen usw. beteiligt. Sie haben einen besseren Zugang zu Informationen über Kurse, Materialien und Fortbildungsmöglichkeiten. Durch die Facebook-Gruppe unseres Verbandes können Sie Ideen für den Unterricht und die Schule über lokale und regionale Grenzen hinweg austauschen und Sie erhalten unverzüglich eine Antwort auf praktische Fragen des Deutschunterrichts. Außerdem können Sie sich jederzeit um finanzielle Unterstützung für Projekte, Studienreisen und Weiterbildungen bewerben. Ebenso wichtig ist, dass Sie Teil eines großen Netzwerkes von anderen engagierten Deutschlehrern werden. Für viele Deutschlehrende ist die Arbeit relativ einsam, weil man oft der bzw. die Einzige ist, die an einer Schule Deutsch unterrichtet. Durch das TYSKFORUM erhalten Sie einen Zugang zu einem Fachmilieu, dass die Arbeit als DeutschlehrerIn zu bereichern und Perspektive und Motivation zu schaffen hilft. Wir treffen uns in verschiedenen Arenen und entwickeln durch diese Treffen neue, gute Kollegenschaften. Das ist wichtig! Um den Status des Deutschen und der anderen Fremdsprachen in Norwegen zu stärken, ist es absolut unerlässlich, dass wir als Gruppe zusammenstehen und unsere Zugehörigkeit zu dieser Fachgemeinschaft stärken.